Im Ehrenamtsbüro der Stadt Rödermark werden viele sinnvolle Dinge eingefädelt – und manchmal sogar Freundschaften
Wie sinnstiftend und bereichernd soziales Engagement doch sein kann, wie vorteilhaft für die Allgemeinheit, aber auch absolut gewinnbringend unter persönlichen Gesichtspunkten. Mit Anteilnahme, Empathie und manchmal sogar Freundschaft, die dabei aufkeimt: Da bin ich immer wieder beeindruckt und manchmal tief gerührt, wenn ich sehe, welch positive Dinge von Mensch zu Mensch aus einem anfangs oft ganz kleinen, unscheinbaren Impuls heraus erwachsen.“ So beschreibt Ute Schmidt, die Leiterin des Ehrenamtsbüros der Stadt Rödermark, ihre Freude über Vermittlungs- und Vernetzungserfolge.
Ihre Kollegin Martina Beckmann hat auch gleich ein Beispiel parat. Eine Vorzeigegeschichte, die 2021 im trüben Corona-Tal begonnen und dann rasch steil nach oben geführt hat. Damals, als die Pandemie das öffentliche Leben im Drosselgriff gefangen hielt, kreuzten sich die Lebenswege zweier Frauen, die beide angeklopft und angefragt hatten. Sich einbringen, sich nützlich machen für andere: Das wollten sowohl Ilona Beetz als auch Hamida Masoud, eine aus Afghanistan nach Deutschland gekommene Mutter mit Ehemann und vier Kindern. Ob für sie nicht eine Begleiterin beim schwierigen Integrationsprozess mit Sprachkurs, Kindererziehung, gesellschaftlicher Umverpflanzung und beruflicher Neu-Orientierung hilfreich und wertvoll sein könne?
Das fragten sich Ute Schmidt und Martina Beckmann damals – und so wurde das Tandem Beetz/Masoud gedanklich aufs Gleis gesetzt. „Unser erstes Kaffeetrinken vor nunmehr drei Jahren: Wir trafen uns beim Bäcker Eifler an der Nazarius-Kirche in Ober-Roden. Und siehe da: Es hat irgendwie gleich harmoniert. Wir haben Interesse füreinander entwickelt und eine gemeinsame Wellenlänge gefunden.“ So erinnert sich Ilona Beetz an den Anfang, dem wohl tatsächlich der viel zitierte Zauber innewohnte. Denn aus dem eingefädelten Kontakt und der praktischen Anschubhilfe im Alltag entwickelte sich schnell sehr viel mehr. Eine Freundschaft, die trägt, verbindet die beiden Frauen heute. Der Altersunterschied von mehr als 30 Jahren ist nichts Trennendes, sondern eine Brücke in andere, vorher unbekannte Lebenswelten.
„Wir gehen gemeinsam spazieren, besuchen uns gegenseitig und konnten beide auf Minijob-Basis bei der Schulkindbetreuung im Breidert anfangen. Ilona zeigt mir viel: Dinge, auf die es ankommt, wenn man sich hierzulande zurechtfinden will. Was man tun und besser lassen sollte, worauf ich bei der Kommunikation mit Behörden zu achten habe – und na klar, ihre große Unterstützung beim Deutschlernen ist auch ganz wichtig. Oft, wenn ich Texte lese und mir innerlich etwas vorsage, höre ich Ilonas Stimme“, lacht Hamida Masoud über etwas Typisches, Vielsagendes und vielleicht sogar Symbolhaftes.
Es ist ein Austausch mit Nachhall in vielerlei Beziehung, der die beiden Frauen immer wieder zusammenbringt. Über die besondere Cremigkeit eines deutschen Käsekuchens staunt die eine, über die besondere Würze der afghanischen Küche die andere. Gebräuche im Mikro-Kosmos zwischen Bulau und Breidert sind ein Thema bei ihren Begegnungen – und bei alledem bleibt das große weltpolitische Ganze, das Zäsuren und schicksalhafte Weichenstellungen zur Folge hat, natürlich nicht ausgespart.
So beobachtet Ilona Beetz interessiert und mit Anerkennung, wie ihre Freundin, deren Mann und die Kinder im Alter zwischen 4 und 14 Jahren allmählich Tritt fassen. Wie aus einem vergleichsweise hohen sozialen Status in den Sphären von Personalmanagement, Rechtswissenschaft und Diplomatie ein mühsames Vortasten hin zu neuen beruflichen Standbeinen wurde. Er arbeitet künftig in der Automobilbranche, sie hat eine Ausbildung als Erzieherin gemacht. „Wir sind 2019 nach einem Besuch hier in Europa geblieben, konnten aufgrund der Sicherheitslage nicht zurück nach Afghanistan. Unser Leben hat in der Bundesrepublik praktisch neu angefangen, am Punkt Null“, erzählt Hamida Masoud.
Dass sie sich parallel zu ihrem Berufs- und Familienleben im Rödermärker Netzwerk für Flüchtlinge engagiert und dass ihre Freundin auch als Lesepatin für Grundschulkinder und als helfende Hand bei den Reparatur-Terminen im Werkstatt-Café mit von der Partie ist: Das unterstreicht aus der Warte von Ute Schmidt und Martina Beckmann, dass „soziale Einbindung“ keine leere Worthülse ist. Frei nach dem Motto: Es kommt darauf an, den ersten Stein ins Wasser zu werfen. Dann lassen die Kreise nicht lange auf sich warten. Hamida Masoud und Ilona Beetz zeigen, wie die Dinge mitunter ganz unverhofft in Bewegung geraten können – mit bleibender Wirkung, mit Nachhall.
Wer die Vermittlungsdienste des Ehrenamtsbüros nutzen möchte, wählt die Rufnummer 06074 911-671 oder schreibt eine E-Mail an ute.schmidt@roedermark.de.