Preisgekröntes Projekt des Waldkindergartens – Kinder und Nabu hängen 60 Schlafkästen auf – Wochenstuben an der Kita Amselstraße
Wenn es um Fledermäuse geht, kann man den Waldmeistern nichts vormachen. Sie wissen, dass es verschiedene Arten gibt, dass die fliegenden Säugetiere verkehrt herum in ihren Behausungen hängen, dass sie sich in Baumhöhlen oder sogar unter Rindenstückchen ein Schlafplätzchen suchen können, dass sie keine Flügel haben, sondern mit den Händen fliegen, dass es ganz kleine Exemplare gibt, aber auch sehr große wie die Flughunde, die unter anderem auf den Seychellen leben. Da konnten Bürgermeister Jörg Rotter und Erste Stadträtin Andrea Schülner nur staunen. Die Waldmeister haben eben gut aufgepasst. Seit einigen Wochen beschäftigen sich die Waldackerer Waldkindergartenkinder mit den Tieren mit dem eingebauten Ultraschallgerät. Nun stand der Höhepunkt ihres preisgekrönten Fledermausprojektes an: Dr. Rüdiger Werner, der Vorsitzende des NABU Rödermark, und Hartmut Müller, der Experte von der Arbeitsgemeinschaft Amphibien- und Fledermausschutz Seligenstadt, waren gekommen, um im Wald rund um die Kinderwaldstadt, dort, wo die Waldmeister zuhause sind, 60 Fledermauskästen aufzuhängen. 20 der Mehrfamilienwohnungen hatten die Kinder selbst zusammengebaut und bemalt.
Mit dem Fledermausprojekt hatte sich der städtische Waldkindergarten Ende vergangenen Jahres bei der Hessischen Umweltlotterie „Genau“ um einen Zuschuss beworben. Nur drei Monate später kam die Zusage: „Wir unterstützen euer Vorhaben mit 5.000 Euro!“ Eigentlich müsse man mit einer Wartezeit von bis zu zwei Jahren rechnen, wenn man überhaupt bedacht werde, berichtete Erzieherin Jacqueline Barth. Umso größer war die Freude bei allen Beteiligten, auch bei Julia Massoud. Sie ist die Mutter zweier Waldmeister, hat Umweltwissenschaften studiert und den Stein ins Rollen gebracht. Als sie im vergangenen Jahr ihre Masterarbeit schrieb, wurde sie auf die Umweltlotterie aufmerksam, schlug Kita-Leiterin Isabella Mieth eine Bewerbung mit dem Fledermaus-Thema vor, entwickelte ein Konzept, bereitete die Unterlagen vor und holte Rüdiger Werner und Hartmut Müller mit ins Boot. Bei so viel Sachverstand konnte eigentlich nichts mehr schiefgehen – und so war es auch.
Von Anfang an war klar, dass das Preisgeld dazu verwendet wird, den Kindern das Leben und die Bedürfnisse der Fledermäuse näherzubringen und geeignete Schutzmaßnahmen in die Wege zu leiten. Für das Grundlagenwissen sorgte zunächst Eva Bork, Umweltpädagogin vom Forstamt Langen. Sie besprach mit den Kindern, wie die Fledermäuse aussehen, wie sie fliegen und sich in der Dunkelheit orientieren. Auch die Anforderungen der fliegenden Kobolde an Unterschlupf und Nahrung wurden kindgerecht beleuchtet.
Dann wurde mehr als die Hälfte des Geldes für Wohnraum ausgegeben: 40 fertige Schlafkästen und 20 Bausätze zum Aufhängen im Wald, in die sich die Fledermäuse tagsüber zurückziehen können – dass sich das lohnen wird, hatten Werner und Müller bei nächtlichen Rundgängen mit Ultraschalldetektoren in Erfahrung gebracht. In Waldacker finden sich fünf oder sechs verschiedene Arten, insgesamt relativ viele Tiere für die Größe der Fläche, so Werner. Außerdem wurden zwei große Wochenstuben beschafft, die an der Kita in der Amselstraße befestigt wurden. Finanziert wurde auch ein Flyer, der die Waldackerer über das Projekt informiert; es gab Bastelmaterial und Bücher für die Kinder und es wird zum guten Ende des Projektes für jeden Waldmeister ein Fotobuch zusammengestellt.
An dem Vorzeigeprojekt hat sich natürlich auch die Stadt beteiligt. Als nach einer Fläche für eine sogenannte „Nachtweide“ gesucht wurde, stellte die Umweltabteilung ein rund 600 Quadratmeter großes Flurstück in der Nähe des Spielplatzes „Am Lerchenberg“ zur Verfügung. Dort muss ohnehin der Essigbaum aufwendig entnommen werden, eine eingewanderte Art, die der heimischen Tierwelt keine Nahrung bietet. Das wird vermutlich im Oktober geschehen. Wenn das Areal ausgekoffert ist, wird dort eine spezielle Mischung nachtblühender Pflanzen eingesät. Der so entstehende Blühstreifen soll dann nachtaktive Insekten anlocken, die wiederum den Fledermäusen als Nahrung dienen. Der allgemeine Rückgang der Insektenpopulationen ist heute eine Bedrohung für alle Fledermausarten.
Die 60 Kästen hängen mittlerweile. Jetzt hoffen alle Projektpartner zusammen mit den Kindern, dass die Fledermäuse so bald wie möglich einziehen. Am zusätzlichen Nahrungsangebot der Nachtweide werden sie sich allerdings erst im kommenden Frühjahr bedienen können.