Das sogenannte „Innenohr“ ist eine 4.000 m2 große, weitgehend ungenutzte Grünfläche im Östlichen Spessartviertel. Um das Potenzial der Wiese besser zu nutzen, organisieren Quartiersmanagement und Streetwork im Bildungshaus ein Projekt zur Jugendbeteiligung. Das Ziel ist, jugendliches Engagement im und für das Quartier zu wecken. Und dies hat geklappt.
Am 29. November 2022 wurde das umgesetzt, was die Jugendlichen Anfang des Jahres als Idee eingebracht, demokratisch beraten und entschieden, als Konzept mitentwickelt und letztlich an dem Tag selbst mit aufgebaut haben: eine öffentliche teqball-Platte.
Statt eines Fußballplatzes haben sich die Jungen und Mädchen für eine „TeqballPlatte“, eine moderne Art von Tischtennisplatte, entschieden. Dies ist der erste Schritt, die Wiese im Interesse der Jugendlichen zu beleben. Teqball ist eine 2015 erfundene Sportart, die Spielelemente von Tischtennis, Fußball und Volleyball kombiniert. Zudem sind zwei Reckstangen zum Turnen aufgestellt worden. Nach dem gemeinsamen Aufbau der Platte mit den Jugendlichen, unterstützt durch die Profis der Städtischen Betriebe, stellvertretend genannt sind Stefan Keitzl und Thorsten Spengler,wurde das Sportgerät direkt eingeweiht und für die ersten Partien rege genutzt. Der Ball sprang nur so von der einen Seite zur anderen. Die Aktion hatte sich bereits im Viertel herumgesprochen und ist auf großen Zuspruch gestoßen. Es wurden immer mehr Menschen, die durch die neue Attraktion angezogen wurden. Bei der Einweihung dabei waren neben Bürgermeister Dr. Dieter Lang und Erstem Stadtrat René Bacher vor allem Kinder und Jugendliche aus der Nachbarschaft. Auch Vertreterinnen der drei umliegenden Kitas, des Jugendbeirats sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bildungshauses sind gekommen, um bei
warmen Apfelsaft mit Zimt und Gebäck das Treiben zu betrachten und sich selbst mit einem der vielen Bälle an der Platte auszuprobieren.
Erster Stadtrat René Bacher sagte zu Einweihung: „Es ist ein historischer Moment für das Innenohr, in dem es bereits sehr viele Anläufe gegeben hat, dort die Aufenthaltsqualität zu erhöhen.“ Dass die Teqball-Platte gemeinsam mit zwei Reckstangen nun realisiert werden konnte, sei ein Erfolg für die Jugend. „Das soll erst der Anfang sein“, kündigt der Sozialdezernent an, der sich bei den beteiligten Personen herzlich bedankte.
Wie ist das Projekt entstanden?
Am Anfang des Projekts stand eine von Jugendlichen initiierte, politische Entscheidung. Im Juli dieses Jahres beschlossen die Stadtverordneten nach einem Antrag des Jugendbeirats, dass regelmäßig ein Drittel der Fläche des Innenohrs gemäht wird. Der nächste Schritt, um die Wünsche und kreativen Ideen der Jugendlichen hervorzubringen, war ein Beteiligungsworkshop am 13. Mai 2022, der auch vom Jugendbeirat begleitet wurde.
Es nahmen 17 Kinder und Jugendliche teil – 4 Mädchen und 13 Jungen. Ihre Familien kommen unter anderem aus Marokko, Spanien, der Türkei, Rumänien und Albanien und das Durchschnittsalter lag bei 13 Jahren. Die Diskussionen über die Nutzungsmöglichkeiten der Wiese waren sehr angeregt.
Ein Junge argumentierte, dass die Wiese bisher nur eine Hundetoilette sei und unbedingt besser genutzt werden müsse. Ein anderer Junge sagte uns: „So etwas, müsste es öfter geben!“ In einer gemeinsamen WhatsApp-Gruppe fragte ein Junge schon drei Tage nach dem Workshop: „Wann sollen wir das nächste Mal kommen?“ Als die Quartiersmanagerin Madina Musafer auf ein Treffen erst in einem Monat
vertrösten musste, schrieb ein anderer Junge: „Warum ist das so selten?“ Das jugendliche Engagement war insgesamt bemerkenswert und kaum zu bremsen. Aber auch Zukunftsängste und geringe Selbstwirksamkeitserwartungen, die für Kinder in prekären Lebenslagen typisch sind und durch die Pandemie verstärkt wurden, waren zu spüren. Ein Junge sagte: „Da wird doch eh nichts draus. Wir reden
die ganze Zeit nur, aber es passiert nichts.“ „Er hatte zum Glück nicht recht mit einer Befürchtung“, sagt Malte Althoff, Streetworker und Mitkoordinator des Projektes.
Die Abstimmung unter den Kindern und Jugendlichen ergab, dass der Wunsch nach einem Fußballplatz am größten ist. Aber es gab auch Kritik an diesem Vorschlag: Ein Mädchen wandte ein, dass ein Fußballplatz nichts für Mädchen bringe. Sie schlug stattdessen eine Tischtennisplatte vor, auf der man ja auch mit einem Fußball spielen könne. Ihr entgegnete ein Junge, dass die Mädchen auch gerne mit den
Jungen Fußball spielen könnten.
Aus rechtlichen Gründen ist es nicht möglich, auf der brachliegenden Wiese im Quartier einen Fußballplatz zu errichten, um die Anwohnerinnen und Anwohner vor Lärm zu schützen. „Auch das ist eine Lernerfahrung für die Jugendlichen in unserem Rechtsstaat“, erklärt Quartiersmanagerin Madina Musafer, die gemeinsam mit Althoff und natürlich den Jugendlichen das Projekt zum Abschluss gebracht hat.
Manchmal gebe es konkurrierende Interessen und es sei nur die Zweit- oder Drittpräferenz im Rahmen des Möglichen. René Bacher unterstützte das Vorhaben von Anfang an: „Im Vergleich zu anderen Stadtvierteln in Dietzenbach sind die öffentlichen Spielflächen im Spessartviertel so gut wie nicht vorhanden – obwohl es der kinderreichste Stadtteil ist. Es ist gut, dass Jugendliche sich für das Viertel einsetzen. Die Ängste, dass nichts umgesetzt wird, kann ich gut nachvollziehen, so sind Ideen aus eigenen früheren Projekten, die ich begleitet habe, nicht auf fruchtbaren Boden gestoßen. Das hat sich zum Glück geändert.“ Auch Bürgermeister Dieter Lang spricht sich für das Projekt aus: „Wichtig ist, dass mit der Teqball-Platte jetzt ein Anfang für die Wiese entstehe, damit Jugendliche merken, dass Sie etwas bewirken können, um einen Ort in ihrem Quartier nach ihren Bedürfnissen zur sportlichen Betätigung zu gestalten“. Beide Dezernenten nutzen die Einweihung ebenfalls für eine kurze Partie auf der neuen Platte, vor den staunenden Augen der Zuschauerinnen und Zuschauer. Finanziert wird das Projekt danke einer Fördersumme in Höhe von mit 10.000 Euro im Rahmen des Sonderförderprogramms des Hessischen Ministerium für Soziales und Integration „Wir für unser Quartier – junge Menschen beteiligen sich in ihren
Lebensräumen“.