Schön und sinnvoll: Eine Dachbegrünung reduziert die Hitzeentwicklung rund um die Gebäude und hält Regenwasser zurück. Fotos: Jana Wardag

Die Auswirkungen des Klimawandels werden gerade in Großstädten immer deutlicher spürbar. Daher unterstützt die Stadt Offenbach private wie gewerbliche Eigentümerinnen und Eigentümer dabei, die Folgen der Klimakrise zu reduzieren. Die im Sommer 2023 aufgelegte Förderrichtlinie zur Klimaanpassung zeigt nun erste Resultate.

„Mit dem Förderprogramm rufen wir Menschen dazu auf, ihr Gebäude oder Grundstück für die Zukunft klimafit zu machen“, sagt Bürgermeisterin und Klimadezernentin Sabine Groß. Zuschüsse von bis zu 10.000 Euro sollen Anreize schaffen, um Böden zu entsiegeln, Dächer oder Fassaden zu begrünen und Zisternen zum Auffangen von Regenwasser einzubauen. „Damit wollen wir den natürlichen Wasserkreislauf mehr in die Stadtplanung integrieren, also einen weiteren Schritt in Richtung Schwammstadt gehen“, erläutert Sabine Groß. Das mildere die Auswirkungen der Klimakrise und der damit verbundenen Gefahren und steigere zeitgleich die Lebensqualität, ergänzt Wiebke Fiebig, Leiterin des Amtes für Umwelt, Energie und Klimaschutz.

Pflänzchen statt Beton vor den Fenstern

Eine der Eigentümerinnen, die sich für solch eine Maßnahme entschieden hat, ist Jana Wardag. Mit ihrer Familie ist sie Anfang 2024 von den USA nach Rumpenheim gezogen: Ihr Neubau besteht mehrheitlich aus Holz, hat eine Wärmepumpe und Solarpaneele auf dem Dach. „Wir wollten in punkto Nachhaltigkeit so weit wie möglich gehen“, betont Jana Wardag. Da in den vergangenen Jahren alles deutlich teurer wurde, suchte sie gezielt nach Unterstützung. „Online habe ich dann die Finanzierungshilfe der Stadt Offenbach gefunden – das war mit ein Grund dafür, drei Dachflächen unseres Holzhauses zu begrünen.“ Das Procedere fand sie gut verständlich: „Ich habe einfach die Dokumente ausgedruckt, ausgefüllt und abgeschickt.“ Schnell kam die Förderung durch die Stadt auf den Weg, und Mitte Mai wurden die Sedumsprossen auf den Flachdächern aufgebracht. Ob Küche, Wohn- oder Schlafzimmer: Aus allen Fenstern blickt die Familie nun auf zart sprießende Pflänzchen statt auf dunkle Betonflächen.

„Solche Maßnahmen zur Klimaanpassung sind wirklich sinnvoll“, betont Martin Rau, Klimaschutzmanager beim Amt für Umwelt, Energie und Klimaschutz. Anders als etwa Photovoltaik rechnen sich die Investitionen aber nicht finanziell, sondern durch andere positive Effekte: „Daher fördern wir gezielt diese Art von freiwilligen Maßnahmen.“ Sie führen zur Verdunstungskühlung rund um die Gebäude, sie halten Wasser vor Ort zurück und speichern es für Trockenzeiten – und wirken damit den immer häufigeren Extremereignissen wie Hitze, Dürre oder Starkregen entgegen. Zudem entsteht neuer Lebensraum für Flora und Fauna.

Wie sich auch 2024 schon gezeigt hat, sind die Folgen der Klimakrise unausweichlich. „Die Stadtverwaltung begreift es als ihren gesellschaftlichen Auftrag, nachteilige ökonomische, ökologische und soziale Folgen des Klimawandels zu vermeiden oder zu minimieren“, unterstreicht Bürgermeisterin Sabine Groß. Dies wurde auch im 2021 beschlossenen Klimakonzept 2035 weiter verankert. Mit gezielten Förderungen von freiwilligen Maßnahmen hat das Umweltamt Anfang 2022 in Form einer Entsiegelungs-Richtlinie begonnen: „Das stieß zunächst auf wenig Resonanz“, erinnert sich Rau. Also wurde das Programm Mitte 2023 per Magistratsbeschluss erweitert und der Fördersatz angehoben. „Unser Angebot mit der Förderrichtlinie Klimaanpassung ist jetzt umfangreicher und das Interesse hat deutlich zugenommen“, freut sich der Klimaschutzmanager.

„Extra-Kick“ für klimafreundliche Maßnahmen

Auch Christoph Sahm hat einen Antrag zur Dachbegrünung gestellt und bis Mitte Mai umgesetzt: Über das Garagendach seines neuen Hauses in Bürgel zieht sich ein grüner Schimmer. „Das sieht viel netter aus, wenn wir von der Terrasse, dem Treppenhaus oder dem Arbeitsbereich nach draußen schauen.“ Noch brauchen die Sedumsprossen ab und zu Wasser. „Wenn sie etwa ein Jahr lang angewachsen sind, kommen sie praktisch ohne Pflege aus, da sie viel Trockenheit vertragen“, erklärt Rau dem Hausbesitzer. Sahm empfand die Förderung „als Extra-Kick, die klimafreundliche Maßnahme auch wirklich umzusetzen“. Die Antragstellung online habe „problemlos und vergleichsweise zügig“ funktioniert, und er sei der Stadt Offenbach wirklich dankbar für die Unterstützung.

Bei den Beispielen, die Martin Rau an diesem Sommertag besucht, handelt es sich um extensive Dachbegrünung. „Dafür braucht es eine Bodenschicht von zehn Zentimetern, das lässt sich oft auch auf älteren Gebäuden umsetzen.“ Eine intensive Dachbegrünung mit vielfältigeren Pflanzen benötige etwa doppelt so viel Boden. Grundsätzlich werden bei allen Maßnahmen bis zu 50 Prozent der förderfähigen Kosten – bei einer extensiven Dachbegrünung maximal 40 Euro/Quadratmeter und insgesamt 5.000 Euro – übernommen, die höchste Summe pro Grundstück (für alle beantragten Förderschwerpunkte) liegt bei 10.000 Euro. „Aktuell haben wir auch einige Anträge für Entsiegelungsmaßnahmen und Zisternen laufen“, berichtet Rau. Nach dem Zuwendungsbescheid haben die Antragstellenden ein Jahr lang Zeit, um die Maßnahme umzusetzen. Wer auch Photovoltaik auf seinem Haus plant, dem empfiehlt der Klimaschutzmanager bei entsprechender Dachneigung, das mit einer extensiven Dachbegrünung zu kombinieren. Das sei technisch möglich und oft auch besser für die Anlage: „Deren Leistungsfähigkeit ist höher, wenn sich die Umgebungstemperatur nicht so aufheizt.“ Letztlich gilt das im 21. Jahrhundert für uns alle – gerade in einer Großstadt.

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