Wer im Internet begeistert Fotostrecken mit Lost Places durchklickt, gerne an Orten arbeitet, die sonst kaum jemand zu sehen bekommt, jung, fit und geschickt ist, eignet sich gut für eine Ausbildung in der Abteilung Tiefbau bei den Stadtwerken. Als Francesco Barbato sich noch als Schüler für ein Praktikum beim Stadtservice der Stadtwerke bewarb, wusste er nur genau, was er nicht wollte: Acht Stunden am Tag in einem Büro sitzen. Deutlich interessanter erschien ihm da der Arbeitsalltag seines Vaters, der ebenfalls bei den Stadtwerken in der Straßenunterhaltung arbeitet.
„Das Praktikum gefiel mir gut“, sagt er rückblickend, „und danach hat man mir einen Ausbildungsplatz angeboten.“ Die Ausbildung hat er jetzt beendet und seine Prüfungen erfolgreich bestanden. „Nach zwei Jahren hatte Francesco seinen Abschluss als Tiefbauer“, sagt sein Ausbilder Joachim Michel. In der Abteilung Tiefbau arbeiten Kolleginnen und Kollegen aus der Straßenunterhaltung und der Entwässerung zusammen. Danach konnte Francesco Barbato sich noch spezialisieren und hat sich während eines weiteren Ausbildungsjahres für den Kanalbau entschieden.
Für Abteilungsleiterin Melanie Gessner ist der junge Kollege ein Glücksgriff: „Der Markt der Facharbeiter ist in unserer Branche leergefegt, deshalb bilden wir selbst aus“, sagt sie. „Wir können hier dem Nachwuchs ein breites Spektrum an Aufgaben im Tiefbau beibringen, haben einen modernen Fuhrpark und ein kompetentes sowie erfahrenes, nettes Team, von dem Francesco Barbato während seiner Ausbildung profitiert hat. Und er hat sich von Anfang an interessiert gezeigt und war auch sehr engagiert.“
Damit stehen dem Berufsanfänger noch weitere Möglichkeiten offen: „Wir haben beim Stadtservice ein breites Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten“, sagt Heiko Linne, Betriebsleiter der ESO Stadtservice GmbH. „Wer engagiert ist, kann sich berufsbegleitend mit unserer Unterstützung weiter qualifizieren.“
Der für den Stadtservice zuständige Dezernent Martin Wilhelm ist beeindruckt vom Engagement des jungen Stadtwerkers: „Als junger Mensch so offen für spezielle und besondere Berufe zu sein, finde ich bemerkenswert. Offenbach und die Stadtwerke brauchen genauso neugierige und tatkräftige Menschen, die das Leben in unsere Stadt aktiv und kompetent am Laufen halten. Auch unter der Oberfläche“, sagt er. „Um den großen Bedarf an Fachkräften jetzt und auch zukünftig zu decken, müssen Stadt und Stadtwerke immer neue Wege gehen. Der Stadtservice ist auch dank seiner vielseitigen und abwechslungsreichen Einsatzmöglichkeiten ein attraktiver Arbeitgeber. Und das ist nur eine der vielen Stärken, die für ihn als berufliche Heimat spricht.“
Der 20-jährige Francesco Barbato hat seine Berufsentscheidung nicht bereut: „Ich arbeite gerne draußen und vor allem das Mauern macht mir großen Spaß – ich sehe abends, was ich den ganzen Tag gearbeitet habe“, sagt er. Seine Abteilung ist sowohl für das gesamte Straßen- als auch das unterirdische Kanalnetz der Großstadt Offenbach zuständig. Im Berufsalltag fallen Reparaturen, die Reinigung von Sinkkästen und Rohren, Pflaster- und Asphaltarbeiten sowie Kanalkontrollen an. Dabei arbeitet das Team Hand in Hand. Bevor die Straßenunterhalter eine Fahrbahn neu asphaltieren, schauen die Kanalbauer nach, ob die Rohre darunter noch intakt sind oder vorher erneuert werden. Damit soll vermieden werden, dass neuer Asphalt gleich wieder für eine Kanalreparatur aufgerissen werden muss.
„Die Arbeit hier beim Stadtservice ist sehr abwechslungsreich, bei großen Unternehmen machen die Kollegen oft immer das Gleiche. Wir kommen auch an unterirdische Orte wie die riesigen Regenrückhaltebecken, die wir nach größeren Regenfällen reinigen, oder Pumpstationen, die wir warten und von denen die meisten Leute in Offenbach gar nicht wissen, dass sie da unten sind und die sie auch nie zu sehen bekommen“, erzählt Francesco Barbato. Ein entscheidender Grund, nach seiner Ausbildung jetzt einen Anschlussvertrag bei den Stadtwerken zu unterschreiben, sei auch der gute Zusammenhalt im Abteilungsteam.
Und was ist an dem Job gewöhnungsbedürftig? „Das ist nichts für feine Typen“, sagt er bestimmt. „Man macht sich dreckig und Platzangst darf man im Kanal auch nicht haben. Da unten sind viele Schächte sehr eng. Die Kollegen haben mir geraten, gar nicht lange drüber nachzudenken, sondern einfach runterzugehen und die Arbeit zu machen.“ Er schaut auch lieber nicht zu genau hin, wenn er nach unten steigt. Denn so kurz unter der Oberfläche sitzen gerne auch mal Spinnen an der Wand. Richtig große Spinnen. Joachim Michel weiß von handtellergroßen Exemplaren sogenannter Jagdspinnen zu berichten. Zwar ist nicht überliefert, dass ein solches Tier schon jemals einen Kanalbauer in sein Nest gezogen hätte, aber Auge in Auge möchte man eine solche Kreatur im engen Schacht auch nicht haben. Ein entspannteres Verhältnis hat Francesco Barbato zu Ratten, die ebenfalls in den Rohren unterwegs sind. „Die haben aber Angst vor uns und wir sehen die eigentlich nur von hinten“, sagt er grinsend.
Die eigentliche Gefahr im Kanal ist ohnehin unsichtbar: Vor jedem Abstieg in Offenbachs Unterwelt ist die Messung des CO²-Gehaltes mit einem Gaswarngerät zwingend vorgeschrieben. Das wird zunächst an den Eingangsschächten an einem Seil herabgelassen. Nur wenn das Luftgemisch unten stimmt, dürfen Francesco Barbato und seine Kollegen nach unten gehen und das auch immer nur zu zweit und mit dem Warngerät. Im Ernstfall sorgt es mit unangenehm-durchdringendem Schrillen dafür, dass sich niemand auch nur für ein paar Handgriffe länger dort aufhält. Zudem sind die Kanalböden rutschig, es besteht immer auch Sturzgefahr. Deshalb müssen die Kollegen immer in Sichtweite zueinander bleiben.