Foto: Kreisstadt Dietzenbach | Bürgermeister Dr. Dieter Lang

Gemeinsam mit mehr als 60 Kommunen aus sieben Bundesländern kämpft Dietzenbach für eine Altschuldenlösung auf Bundesebene und eine gerechte Finanzverteilung in Deutschland. Die Stadtverordnetenversammlung hat sich mit einem klaren Votum dem Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ angeschlossen und diese Entscheidung prägnant begründet: „Den Kommunen werden durch Bund und Land immer umfangreichere Aufgaben zugewiesen. Dabei wird das Konnexitätsprinzip in hohem Maße verletzt“, hieß es im Antrag für die Stadtverordnetenversammlung.
Bürgermeister und Kämmerer Dr. Dieter Lang erklärt: „Delegiert eine höhere Staatsebene wie der Bund oder das Land Hessen öffentliche Aufgaben auf untergeordnete Ebenen wie bei uns auf die Kommune, muss sie für finanziellen Ausgleich sorgen. Das ist das Konnexitätsprinzip. Anders ausgedrückt: Wer das Menü bestellt, muss es auch bezahlen. Aus Finanzsicht bedeutet dies für eine Stadt, dass immer mehr angeordnete Aufgaben und Vorhaben mit städtischen Geldern zu finanzieren sind. Das ist nicht akzeptabel.“ Dr. Johannes Slawig, Sprecher des Aktionsbündnisses, begrüßte Dietzenbach stellvertretend für die mehr als 60 Kommunen, die Mitglied von „Für die Würde unserer Städte“ sind: „Die finanzschwachen Kommunen in Deutschland haben in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, um ihre Haushalt zu konsolidieren. Sie haben deshalb verdient, dass der Bund endlich seinen Anteil an der Lösung des Problems der Altschulden übernimmt und dafür sorgt, dass die
strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Arbeit ein Ende findet. Wir freuen uns, dass die Kreisstadt Dietzenbach unseren Einsatz für diese Ziele als Mitglied unterstützt.“

Dietzenbach ist die Kreisstadt des Landkreises Offenbach, liegt südlich von Frankfurt im Rhein-Main-Gebiet und hat rund 36.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Dietzenbach wuchs ab Mitte der 1960er-Jahre stark und übernahm mit einer Reihe innovativer Projekte und sozialer Einrichtungen immer wieder eine Vorreiterrolle. So gab es schon in den 1980er-Jahren ein Kommunales Ausbildungszentrum und ein
Bewohnerzentrum. Als vierte Stadt in Hessen wählte Dietzenbach einen Ausländerbeirat. Ein Umweltschutzbeauftragter wurde damals eingestellt, ein Umweltamt geschaffen, ebenso die Stelle einer Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten. Heute geht Dietzenbach voran in Sachen Klimaschutz
und ist als Politkommune aktiv (wir berichteten). Doch die massiv steigenden Sozialausgaben bringen die Kreisstadt finanziell und nachhaltig an die Grenze der „kommunalen Würde“ und Selbstverwaltung. Dietzenbach ist beispielsweise in Hessen die Stadt mit dem größten Anteil an Kindern unter sechs Jahren (7,4 Prozent der Stadtbevölkerung). Hessenweit liegt dieser Wert im Durchschnitt bei 5,7 Prozent.
„Das bedeutet das nahezu 600 KITA-Plätze mehr bereitgestellt werden müssen als in Städten mit vergleichbarer Größe. Jeder Platz ist mit Kosten verbunden, die uns weder vom Bund noch vom Land erstattet werden“, erklärt der Bürgermeister.
Dies alles unterstreicht, wie wichtig eine gerechte Finanzverteilung in Deutschland ist. Die beschriebene Zuweisung von Aufgaben durch Bund und Länder haben dazu geführt, dass Kommunen Kredite aufnehmen mussten, um diese Aufgaben zu erfüllen, weil das von Bund und Ländern zugewiesene Geld nicht reichte. Deshalb zahlen sie heute für Tilgung und Zinsen, statt vor Ort mehr in Zukunft und Innovation investieren zu können. Bei Themen wie Digitalisierung, Klimaschutz und Verkehrswende drohen finanzschwache Kommunen erneut abgehängt zu werden, müssen auf bürokratisch herausfordernde, zeitlich begrenzte Projekte setzen, ohne eine solide Regelfinanzierung nutzen zu können. „Dieses Projekthopping bedeutet in der Regel ein enormer Verwaltungsaufwand, Unsicherheit und nicht selten das Sterben von hervorragend herausgearbeiteten Projekten und Initiativen, da die Gelder nach Ablauf der Projektfrist nicht weiter gesichert sind“, sagt Bürgermeister Dr. Lang. Ohne den großen, bürokratischen Einsatz der Mitarbeitenden der Verwaltung, wären viele Aktivitäten, die die Stadt dringend braucht, nicht finanzierbar. „Die Themen Streetwork, Sozialarbeit, Seniorenarbeit, Klimaschutz,
energetische Sanierung, Demokratieförderung, Integration und vieles mehr stehen auf wackeligen Säulen des Projekthoppings und sind aufgrund von umfangreichen und zeitaufwendigen Förderregularien ineffektiv“, erklärt der Bürgermeister.

Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“
Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ engagiert sich dafür, diese Spaltung zu überwinden. Die Verteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen muss neu geordnet werden, so dass eine aufgabenangemessene Finanzierung der Städte und Gemeinden gewährleistet ist. In diesem Zusammenhang fordert „Für die Würde unserer Städte“ eine Altschuldenlösung des Bundes, eine Reform der Investitionsförderung im Sinne finanzschwacher Kommunen und einen Einsatz gegen Steueroasen in Deutschland. Diesen Zielen haben sich 63 Kommunen aus sieben Bundesländern angeschlossen, in denen insgesamt rund 8,5 Millionen Menschen leben. Weitere Mitglieder aus Hessen sind Ginsheim-Gustavsburg, Mörfelden-Walldorf, Obertshausen und Offenbach.
„Für die Würde unserer Städte“ macht regelmäßig mit besonderen Aktionen in Berlin auf die schwierige Lage der finanzschwachen Kommunen aufmerksam, die bundesweite Beachtung in den Medien finden. Zudem führt das Bündnis regelmäßig Gespräche mit Spitzenvertreterinnen und -vertretern der Bundesregierung, der Fraktionen im Bundestag und der Parteien.
Zu den politischen Erfolgen des Bündnisses zählen die Plenardebatte des Bundestages zur nicht mehr gegebenen Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, die Befassung des Bundesrates mit Problemen der Kommunalfinanzierung, die Einsetzung der Regierungskommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ und das Aufgreifen der Themen des Aktionsbündnisses an mehreren Stellen des Koalitionsvertrags der Ampel. Zu den materiellen Erfolgen gehören unter anderem die vollständige Übernahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, das Fünf-Milliarden-Paket zur Entlastung von kommunalen Sozialausgaben und die Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten der
Unterbringung um 25 Prozentpunkte.
Das Aktionsbündnis hat sich mit seinem intensiven und ungewöhnlichen Engagement eine besondere Position erarbeitet und damit im wahrsten Sinne des Wortes Gehör in Berlin verschafft. Wenn „Für die Würde unserer Städte“ Gespräche mit in der Hauptstadt führt, muss das Bündnis seine Anliegen nicht mehr erklären.
Diese sind bekannt und im Bewusstsein der Verantwortlichen verankert. Das Aktionsbündnis hat den Punkt erreicht, an dem es nicht mehr darum geht, ob seine Forderungen berechtigt sind und in Regierung und Parlament aufgegriffen werden, sondern wie diese umgesetzt werden.

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