Regina Heidecke im Gespräch mit Thomas Hauschild
In wenigen Wochen feiert die christliche Welt mit Weihnachten wieder ihr größtes Familienfest. Unverzichtbar damit verbunden ist auch die Figur des Weihnachtsmanns, den die Kinder über alles lieben. Seine wahre Geschichte hat der Ethnologe, Kultur- und Religionssoziologe Thomas Hauschild im Gepäck, wenn er am Sonntag, 13. November, 17 Uhr, in der Neuen Stadthalle Langen bei „Reginas Gäste“ Station macht und sich den Fragen der Journalistin Regina Heidecke stellt.
Weihnachten ist in aller Munde und wer glaubt, dass die dazugehörige Hauptfigur eine christliche Erfindung sei, irrt. Ob Weihnachtsmann oder Santa Claus, der chinesische „Gott des langen Lebens“ oder gar der mongolische „Weiße Alte“, viel wird gestritten und gerätselt über die wahre Geschichte hinter der geheimnisumwitterten Gestalt. Die Fragen lauten: Woher kommt diese Person überhaupt und welche Identität steckt hinter diesem alterslosen, voll maskierten Gabenbringer, der nichts verlangt und viel verschenkt? Was hat es auf sich mit all dem Zauber und Wünschen, dem Schenken und Staunen, den vielen kleinen und großen Geheimnissen? Um das herauszufinden, hat Regina Heidecke kurz vor Weihnachten den Wissenschaftler Thomas Hauschild eingeladen. Er weiß unglaublich viel über ihn, den Weihnachtsmann, und hat darüber „das schönste Sachbuch des Jahres“ geschrieben, erklärte der Journalist Jürgen Kaube von der FAZ unumwunden beim Erscheinen des Werkes.
Thomas Hauschild wurde 1955 in Berlin geboren. In Hamburg studierte er Ethnologie, Volkskunde und Religionswissenschaft und promovierte mit dem Thema „Der böse Blick“. Von jeher gilt sein Interesse allem, was jenseits des Sag- oder Sichtbaren liegt: der Welt der Geister und Gespenster, der Schamanen und Heiligen, Magie und Ritualen. Und dabei bleibt er doch ganz bodenständig und realistisch.
In dem süditalienischen Städtchen Ripacandida in der Provinz Basilicata ließ sich Thomas Hauschild für zwei Jahre mit seiner Familie nieder und erforschte die magischen Strukturen des religiösen Lebens Süditaliens so intensiv, dass man meinen konnte, er verwandele sich selbst in einen ihrer Einwohner mit deren erstaunlichen Fähigkeiten. So entstand sein 2002 erschienenes Buch „Macht und Magie in Italien – über Frauenzauber, Kirche und Politik“. Das Buch gilt inzwischen als ein „Reiseführer in ein magisches Süditalien“, der überraschende Einblicke gibt in einen „katholischen Schamanismus“. Die Kritiker haben sich bei seinem Erscheinen überschlagen: „Wie Heidentum und Christentum auf kuriose und gut katholische Weise die Plätze tauschen“, dabei komme er „ganz ohne akademischen Pomp“ aus. Ausgehend von seiner Feldforschung und profunden Erkenntnissen südländischer Mentalitäten und Lebensweisen steigt Thomas Hauschild hinab in die Tiefenschichten unseres kulturellen Bewusstseins. Er hält überall da an, wo er Strukturen des Irrationalen entdeckt: religiöse Besessenheit und anarchisches Ehrgefühl, Machtrituale, Geisterkulte, Aberglauben und Hellseherei. Die gewaltsamen Strukturen der Mafia bleiben ihm nicht verschlossen und er setzt sie in Beziehung mit terroristischen Strukturen der Gegenwart, nimmt sie unter die Lupe und analysiert sie. Das macht seine Art des Denkens so spannend und aufregend, er zieht Querverbindungen und sieht Zusammenhänge, die nicht vordergründig auf der Hand liegen. Thomas Hauschild ist gefragt als Essayist und Kommentator, verschiedene Professuren führten ihn ins In- und Ausland.
Zurzeit arbeitet er an einem Buch über „Geister – Warum wir sie immer wieder sehen müssen“. Und natürlich passen dazu die unendlich vielen und beglückenden Begegnungen mit einer Erscheinung im roten Mantel, mit weißen Haaren und weißem Bart, mit einem prall gefüllten Sack auf dem Rücken. Alle kennen ihn, aber es gibt wohl niemanden, der ihm jemals im Original begegnet ist, immer haben wir es nur mit seinem Ersatzmann zu tun. Warum das so ist und was der „Herr des Winters“ mit dem Klimawandel zu tun hat, auch das erklärt uns Thomas Hauschild in „Weihnachtsmann: Die wahre Geschichte“. Und noch vieles mehr.